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Psychosomatische Klinik Bad HerrenalbUpdate: 22.02.2022
Wir arbeiten derzeit daran, die Geschichte des Bad Herrenalber Modells komplett neu zu schreiben. Wir möchten sicherstellen, dass unsere Besucher ein umfassendes Verständnis davon haben, wie das Modell entstanden ist und wie es in unserer Arbeit Anwendung findet. Wir glauben an die heilende Kraft von Beziehungen und sind davon überzeugt, dass das Bad Herrenalber Modell ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung dieser Idee ist. Bei Fragen oder Anliegen kannst Du uns gerne eine E-Mail senden oder auf unseren Anrufbeantworter sprechen - wir melden uns so schnell wie möglich bei Dir zurück. Vielen Dank für Dein Verständnis!

 

Immer wieder begegne ich auf Menschen, die weder mit dem Begriff Bad Herrenalber Modell noch mit der Bezeichnung 12-Schritte-Klinik etwas anfangen können.

Mit diesem Beitrag möchte ich kurz auf diese Begriffe und deren Herkunft eingehen.

Was das Herrenalber Modell betrifft, so wird von mir hier wiedergegeben, was ich von Ehemaligen Gästen, Therapeuten und Walther Lechler im Rahmen eines Vortrages in der Hochgrat-Klinik geschildert bekam.

Die Schilderungen über die Entstehung der AA und deren 12 Schritte beruhen zum Teil auf Erzählungen von A-Freunden (Menschen, die in solche Meetings gehen) und auf meinen eigenen sorgfältigen Recherchen im Internet. Als Abschluss gebe ich meine persönliche Meinung und Erfahrung mit dem Modell und den A-Gruppen wieder.


Die 12 Schritte sind eng verbunden mit den AA (Anonymen Alkoholikern), doch nicht mit deren Ursprung. Die AA wurden 1935 von Bill und Dr. Bob in den USA gegründet. Bill war Börsenmakler und Dr. Bob war Arzt. Beide waren Alkoholiker. Die Gesichte der eigentlichen Entstehung der AA kenne ich so:

Bill war beruflich in einer fremden Stadt. Zu dem Zeitpunkt war Bill trocken, hatte jedoch Saufdruck und schon ein Glas Alkohol vor sich stehen. Er blieb standhaft und wollte nicht wieder zu trinken beginnen. Bill fragte nach jemand in der Stadt, der sich mit Säufern auskennt, und erhielt den Hinweis auf Dr. Bob. Dieser war auch Säufer und zu derzeit nicht trocken. Als Bill dann bei Dr. Bob läutete, öffnete dieser die Tür. Bill berichtete über seinen Saufdruck und dass er mit jemand reden müsse. Darauf erwiderte Dr. Bob er wäre selbst Säufer, nicht mal trocken und er könne Bill nicht helfen. Darauf Bill „Ich bin nicht da, dass du mir hilfst, sondern um mir selbst zu helfen!“ Bill und Dr. Bob unterhielten sich lange über ihre Erfahrungen und Erlebnisse und bemerkten, dass es ihnen gut tat und wohl auch der Saufdruck abnahm. Dieses Ereignis war die Geburtsstunde der AA und noch vieler anderen A-Gruppen.


 

Meines Wissens gab es zu beginn keine so genannten 12 Schritte. Erst 1938-1939 wurde die 12 Schritte wohl überwiegend von Bill geschrieben. Hierbei flossen wohl viele Ansätze der religiösen Oxford-Gruppe ein, die von dem sehr umstrittenen Theologen Daniel Buchman geführt wurde.

Als die 12 Schritte erstmalig den existierenden Gruppen präsentiert wurden, kam heftige Kritik auf. Darauf hin wurden die 12 Schritte überarbeitet und aus dem „Programm“ wurde ein spirituelles, nicht religiöses Programm.

Danach entstanden weitere A-Gruppen, hatten jedoch einen anderen Schwerpunkt. Angehörige und Partner von Alkoholikern stellten fest, dass sie mit ähnlichen Problemen konfrontiert waren, so entstand Al-Anon (Selbsthilfegruppen für Angehörige und Freunde von Alkoholikern). Andere wiederum kamen zur Erkenntnis, dass sie durch ihr Verhalten die Sucht des Partners stabilisierten, so entand CoDA (Co-Dependents Anonymous), usw. Wie viel verschieden Gruppen es derzeit gibt die mit diesem Programm arbeiten weiß ich nicht, jedoch habe ich schon von weit mehr als 100 verschiedenen Gruppen gehört.


Das Herrenalber Modell Es war ein deutscher Arzt, Dr. Walther Lechler, der wohl für diesen Namen steht. Nach dem Krieg hat Dr. Lechler für die amerikanischen Alliierten, die in Deutschland stationiert waren, gearbeitet. Dort hat er die AA Gruppen kennengelernt. Wohl sehr angetan von den A-Gruppen hat Dr. Lechler sehr dazu beigetragen, dass sich diese Gruppen auch in Deutschland ausgebreitet haben. In den 70er Jahren wurde von Dr. Lechler eine psychosomatische Klinik in Bad Herrrenalb (Kullenmühle) eröffnet. Dort wurde das sogenannte Herrenalber Modell entwickelt. Vermutlich war Dr. Lechler hierbei federführend. Ursprünglich wurde diese psychosomatische Klinik nicht als solche verstanden sondern als Lern- und Lebensschule. Prägnant beschreibt es wohl dieser Satz: „Bist du hier um Therapie zu machen oder um deine Leben zu ändern“. Dies fand auch Ausdruck darin das es dort keine Patienten gab sondern Gäste und Besucher (jene, die zu Vorträgen kamen und Gäste besuchten.

Als Säulen dieser Lebensschule bildeten sich heraus:

  • Die therapeutische Gemeinschaft.
  • Bonding Psychotherapie früher auch als N.I.P nach Dan Casriel bezeichnet.
    Bonding ist eine ausgesprochen emotional orientierte Therapie. Eine ausführlichere Beschreibung würde an dieser Stelle wohl den Rahmen des Artikels sprengen.
  • Fastenvereinbarungen
  • In diesem Zusammenhang wird Fasten als der Verzicht auf Substanzen (Drogen, Alkohol, Nikotin etc.), aber auch auf verhalten bezeichnet, das den Gast hindert sich mit sich selbst auseinandersetzen.
  • Körperorientierte Therapien
    Verschiedene körperorientierte Verfahren sind genauso Teil des Konzeptes wie Wanderung und täglicher Frühsport.
  • 12-Schritte-Meetings
    Diese von der Klinik unabhängigen A-Meetings oder auch 12-Schritte-Meetings (A steht für Anonym) werden am Abend auf freiwilliger Basis angeboten. Solche Meetings werden selbst von den Teilnehmern organisiert und geleitet.

Von den 12-Schritten der A-Gruppen kommt wohl auch die Bezeichnung 12-Schritte-Klinik, obwohl diese Meetings auf freiwilliger Basis von den Gästen der Klinik besucht werden (sollten). Somit werden heutzutage also psychosomatische Kliniken die nach dem Bad Herrrenalber Modell arbeiten bzw. sich daran orientieren auch 12-Schritte-Kliniken genannt.

Momentan arbeiten/orientieren sich folgende Kliniken an dem Herrenalber Modell:

  • Die psychosomatische Klinik in Bad Herrenalb.
    (Das Herrenalber Modell wurde in dieser Klinik abgeschafft.)
  • Die Adula-Klinik in Oberstdorf.
  • Die Hochgrat-Klinik in Wolfsried bei Stiefenhofen.
  • Die Helios-Klinik (Psychosomatik) in Bad Grönenbach.
    (Das Herrenalber Modell wurde in dieser Klinik abgeschafft.)

Meine Erfahrung bzw. Meinung zu dem 12-Schritte-Begriff.

Bis heute ist mir nicht klar, warum meist von 12-Schritte und nicht von A-Meetings gesprochen wird. Ich finde diesen eingebürgerten Begriff unpassend. Fast zwangsläufig wird damit die Arbeit im (12-Schritte-) Programm verbunden. Gerade dies würde aber den 12 Traditionen der A-Gruppen widersprechen, denn in der 3. Tradition der AA heißt es: Die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist der Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören. Des weiteren heißt es in der 12. Tradition der AA: Anonymität ist die spirituelle Grundlage aller unserer Traditionen, die uns immer daran erinnern soll, Prinzipien über Personen zu stellen. Daher müssten die Meetings eigentlich A-Meetings heißen denn die Arbeit mit den 12-Schritten ist ein Angebot, keine Zwangsläufigkeit. Auch der Glaube an eine höhere Mach (Gott, wie wir ihn verstanden) ist ein Angebot, kein muss!

Ich bin sicher, die Arbeit mit den 12-vorgeschlagenen Schritten hat vielen Menschen geholfen. Und doch sollte eines immer wieder ganz klar gemacht werden. Die 12 vorgeschlagenen Schritte sind nur ein Angebot für jene, die damit arbeiten wollen.

Ich möchte nicht verschweigen, dass es jedoch auch Menschen gibt, die solche Meetings als destruktiv, religiös und sektenhaft erlebt haben. Dir Arbeit mit den Schritten erlebten sie als muss, genauso wie der glaube an Gott.

Andere wiederum erleben diese Meetings als außergewöhnlich hilfreich, auch ohne die Schritte. Ich denke es kommt immer auf die Gruppe an und auf das, was sie aus dem Meeting macht.

Ein A-Meeting kann, bedingt durch den außergewöhnlichen Ablauf sicher für viele eine gute Möglichkeit der Selbsthilfe bieten. Die Offenheit und Menschlichkeit, die in solchen Meetings zugegen ist, kann ich mir in anderen Selbsthilfegruppen nur schwer vorstellen. Ich denke, das Gelingen eines Meetings hängt von den Menschen ab die dort hingehen.


Meine Erfahrung mit den Kliniken die nach dem Herrenalber Modell arbeiten

Sicher hätte ich keine Seite für Ehemalige solcher Kliniken erstellt, wäre ich nicht überzeugt von diesem Klinik-Konzept. Meine Erfahrungen als Gast in der Adula-Klinik (Oberstdorf) und als Hospitant in der Hochgrat-Klinik (Wolfsried) haben mich und mein Leben grundlegend verändert.

Teilweise werden einige dieser Kliniken auf verschiedenen Internetseiten ziemlich kritisiert, bis hin zu Bezeichnungen wie sektoid (gibt es das Wort überhaupt?) bezeichnet. Seltsam ist, dass diese Kritik teilweise von Menschen kommt, die noch nie selbst dort waren sich aber als Betroffene bezeichnen. Und das Ganze selbstverständlich anonym.

Tja, was von solchen Äußerungen zu halten ist, bleibt wohl jedem Selbst überlassen.

Interessant in diesem Zusammenhang finde ich es auch, dass die fachliche Qualität der Kliniken/Therapeuten von Laien beurteilt wird. Weiter geht es in diversen Foren mit Hinweisen, für wen die Kliniken geeignet sind und für wen nicht.

Insofern finde ich es fragwürdig, wenn hier die einen anderen Ratschläge geben, welche Therapie oder welche Klinik für sie wohl die richtige sei.

Ich denke, dass jene die auf der Suche nach einer passenden Klinik bzw. Therapieform sind, sich selbst ein Bild machen sollten.

Fast alle Kliniken bieten die Möglichkeit vor ort ein Gespräch mit einem Therapeuten zu führen oder an einem Besuchertag reinzuschnuppern und auch Gespräche mit den Patienten führen. Auch der Therapeut seines Vertrauens ist hier sicher der verlässlichere Ansprechpartner als eine Internetseite, auf der sich lauter "ich-weiß-was-für-andere-gut-ist-Menschen" ihr bestes von sich geben.